Pentagon. Zur Verteidigung der Besinnung, 2021

  • Tomma Galonska: Pentagon-Projekt, Pinakothek der Moderne DENKRAUM DEUTSCHLAND, 2021. Foto: Katharina Kreye

  • Tomma Galonska mit zwei Beuscherinnen, Pentagon-Performance, 2021
    Im Hintergrund: Dyptychon von Sudi Khonssari (Mitte); Fotos von Mica Wintermayr (li); Installation "Women in the Dark" von Franziska Greber (re); Video-Still: Frank Sauer

  • Tomma Galonska mit Miro Craemer, Kurator von DENKRAUM DEUTSCHLAND, Pentagon-Performance, 2021
    Video-Still: Frank Sauer

  • Tomma Galonska: Pentagon-Performance, 2021
    Im Hintergrund: "Imagine all the Pieces" von Judith Milberg (li); Aktion von FAIR SHARE (re): Beuscher*innen schreiben Namen von Künstlerinnen auf eine Wand; Video Still: Frank Sauer

  • Tomma Galonska: Pentagon-Performance, 2021
    Im Hintergrund Werke von: Valeska von Brase (Wand); Naila Mahmood (frei hängend); Mica Wintermayr (Wand rechts)
    Video-Still: Frank Sauer

  • Tomma Galonska: Pentagon-Performance, 2021
    Im Hintergrund die Wandinstallation "Women in the Dark" von Franziska Greber; Video-Still: Frank Sauer

  • Tomma Galonska: Pentagon-Performance, 2021
    Im Hintergrund: "Barbie Burkas" von Beate Passow (Glasvitirne auf Sockel); "Imagine all the Pieces" von Judith Milberg (Wand hinten); FAIR SHARE Aktion: Namen von Küstlerinnen (Wand rechts); Video-Still: Frank Sauer

  • Tomma Galonska: Pentagon-Performance, 2021
    Im Hintergrund: "Barbie-Burkas" von Beate Passow (Glasvitirne auf Sockel); Video-Still: Frank Sauer

Im Rahmen von DENKRAUM DEUTSCHLAND 2021 in der Pinakothek der Moderne erschafft die Münchner Künstlerin Tomma Galonska eine installative Performance als einen Ort der Besinnung.

Eröffnung: 2. Oktober 15:00 Uhr
Ausstellung: 3. - 10. Oktober
Öffnungszeiten: Di. - So. 12:00 - 18:00 Uhr und Do. bis 20:00 Uhr
Pentagon-Performances im Loop

Kuratoren-Tour durch den DENKRAUM DEUTSCHLAND 2021
Miro Craemer und Reneé Gadsden sprechn mit den Küsntlerinnen

Über das Pentagon-Projekt

Das Pentagon gilt seit Jahrhunderten einerseits als ideale Festungsarchitektur und ist andererseits Symbol für den Menschen, der sich als Ganzes in der ihn umgebenden Welt wahrnimmt. Hier wird die Pentagon-Struktur zum Ort der Besinnung. Welche Besinnung gilt es zu verteidigen? Tomma Galonska sucht nach Momenten, in denen sich eine Verbindung zur unmittelbaren Umgebung äußert. Dafür nutzt sie das Prinzip der Unterbrechung des Alltäglichen und verschiebt gewohnte Koordinaten als Ausgangspunkt für „neue Stadtgeschichten", die sie als serielle Performance präsentiert.

Zwei Pentagone dienen ihr dabei als Aktionsräume: Ein äußeres – markiert durch fiktive Grenzlinien im öffentlichen Raum rund um die Pinakothek der Moderne, das alltägliche Wege und Sehgewohnheiten durchkreuzt: Dort hat Galonska Begegnungen zwischen Menschen und Objekten herbeigeführt, die in 5-Minuten-Notaten festgehalten wurden. Ein inneres Pentagon aus umlaufenden Bänken wird im DENKRAUM DEUTSCHLAND zum Forum für diese Notate. Die Präsentationsform durchbricht wiederum Hörgewohnheiten und lädt zum aktiven Hören ein.

Plan des Pentagons im öffentlichen Raum. Grafik: Rose Pistola

Simulation für Pentagon im Ausstellungsraum

Begegnungen zwischen Menschen und Objekten

Acht Frauen, die derzeit in München leben und ganz unterschiedliche Lebensgeschichten haben, sind im äußeren Pentagon zu verschiedenen Objekten gewandert: zu einer Skulptur, einem Eingangstor, zu einem Spiegel an einer Hauswand und einem alten Brunnen, zu einem Paar Schuhe im Baum oder zu einer Gedenktafel. Die beteiligten Frauen haben ihre Eindrücke in Kurztexten beschrieben: fünf Minuten ohne Zensur. Auf diese Weise sind 16 berührende, fragile Wortgebilde entstanden. Tomma Galonska: „Es scheint, als ob die Konzentration auf ein Motiv, zusammen mit der zeitlichen Begrenzung, eine Art Geheimgang für Worte erschaffen, durch den sie hindurchhuschen können, vorbei an all den eingebübten Selbsterzählungen und Statements. Diese unbehauenen Wortgebilde interessieren mich als Spuren einer Besinnung. Denn Besinnung ist nichts Statisches. Besinnung ist innere Bewegung in Bezug auf das Andere. Außerdem verstehe ich diesen simplen aktiven Besinnungsprozess, den wir hier praktizieren, als ein Aufbegehren gegen Themendiktate und Oberflächenkommunikation, denen wir alle pausenlos ausgesetzt sind und erliegen."

 

Performance-Short-Cuts im Ausstellungsraum

Ein inneres Pentagon aus umlaufenden Bänken wird im Ausstellungsraum von DENKRAUM DEUTSCHLAND zum Forum für diese Notate. Für jeden der 16 Texte hat Galonska eine eigene Sprech-Akt-Komposition entwickelt. In verschiedenen zeitlichen Sequenzen werden diese während der Ausstellung präsentiert. Dabei geht es um das Hörbarwerden der subjektiven Betrachtungen der Frauen, aber auch um Worte als semantisch-akustische Phänomene. Diese Short-Cuts sind Einladungen zum aktiven Hören, Assoziieren, Wahrnehmen.

Portraitbilder von Katharina Kreye

Die Fotografin Katharina Kreye hat die Arbeit im Außen-Pentagon begleitet. Die Portraitbilder der beteiligten Frauen waren im Ausstellungsraum zu sehen.

  • Newsha Djavadipour-Sigari und Tomma Galonska bei der Textabreit im öffneltichen Raum ("Außenpentagon").

  • Sinem Yilmaz schreibt über die Einschusslöcher aus dem Zweiten Weltkrieg in der "Rosselenker"-Skulptur, Arcisstrasse 21.

  • Syeda Nuzhat Sabrina Nabila neben der Büste des Vitruvius, Technische Universität München. Hier entsteht ihr Text "Adaptability" über die Beziehung des menschlichen Körpers zur Geometrie.

  • Laura Sunj in einem stillgelegten Vorstadtbrunnen in einem Hinterhof in der Maxvorstadt. Hier schreibt sie über Wasser. 

  • Alina Desler schreibt ein Liebesgedicht an eine weibliche Steinskulptur.

  • Christine von dem Kenesebeck beim Bierbrunnen am Oskar-von-Miller-Rring 1. Hier schriebt sie über "Trunkenheit".

  • Lucie Meyer vor dem Januskopf (Fremdspracheninstitut München in der Amalienstrasse).

  • Adriana Alfano und Tomma Galonska bei der Textarbeit vor dem NS-Dokumentationszentrum, Max-Mannheimer-Platz. 

Team

Kurztexte: Adriana Alfano, Alina Desler, Newsha Djavadipour-Sigari, Christine von dem Knesebeck, Lucie Meyer, Syeda Nuzhat Sabrina Nabila, Laura Sunj, Sinem Yilmaz
Fotos: Katharina Kreye
Kostüm: Miro Craemer, Carola Sonnenburg
Grafik: Rose Pistola: Maria Fischer, Felix Neumann
Raum: Tomma Galonska & Rose Pistola: Felix Neumann
Bauten: FREE WIND SOUNDLAB
Medienbetreuung: Pfau PR, Christiane Pfau
Konzept, Projektleitung und Performance: Tomma Galonska

Förderer, Sponsoren, Dank

Das Pentagon-Projekt wird gefördert durch die Kulturstiftung der Stadtsparkasse München und die Kulturförderung des Bezirks Oberbayern.

Ohne die Mithilfe von vielen Unterstützer*innen wäre das Projekt nicht durchführbar. Besonderer Dank an: Rasha Ragab für ihren kreativen Blick und ihrem guten Geist. Hanno Wember für Beratung in geometrischen Fragen. Für Unterstützung bei den Recherchen im Außen-Pentagon: Loic Masson, Fremdspracheninstitut München; Anselm Bilgri, Akademie der Muße; Eva-Maria Matzke, Diakoniewerk; Dr. Lothar Ebbertz, Bayerischer Brauerbund e. V.; Klaus Becker, Pressereferat TUM. 

Die Beziehung zwischen Pentagonen (Anmerkungen zur Geometrie)

Hermann von Baravalle: Die Geometrie des Pentagramms und der Goldene Schnitt. [2016]

Verbindet man die Eckpunkte eines Pentagramms (Fünfsterns), so erhält man ein Pentagon (Fünfeck). Innerhalb eines Pentagramms entsteht ebenfalls ein Pentagon, in das man wieder ein kleineres Pentagramm zeichnen kann, in dem wieder ein Pentagon entsteht. Das Prinzip lässt sich in beide Richtungen unendlich forstsetzen, man spricht von einer geometrischen Folge.

Das Erstaunliche ist: Alle Seitenlängen eines gleichmäßigen Pentagons stehen zum nächstgrößeren Pentagon im Verhältnis des Goldenen Schnitts zueinander. Und zwar in folgender Weise: Die Seitenlängen eines Pentagons entsprechen dem kleineren Teil des Goldenen Schnitts auf den Seitenlängen des nächstgrößeren. In der Grafik entspricht A–E im mittleren Pentagon dem kleineren Teil des Goldenen Schnitts von I–II des äußeren Pentagons.

Die Seitenlängen des in den Stadtplan eingetragenen Pentagons betragen 615m. (Fläche 0,65 km²). Das entspricht dem 5. Glied der geometrischen Folge eines ersten Pentagons mit 5m Seitenlängen. 

Eine Vorstellung von der Fortsetzung gibt folgendes Gedankenspiel: Das 13. Folgeglied der geometrischen Folge des in den Stadtplan gezeichneten 5. Pentagons wäre schon größer als Deutschland, das 16. so groß, dass man es wegen der Erdkrümmung nicht mehr darstellen könnte und das 19. erreichte bereits die Mondbahn.

Hintergrund

Das Konzept wurde 2020 im Rahmen eines Forschnungsstipendiums durch das Kulturreferat der Stadt München entwickelt. Siehe dazu das Video-Interview:  "Jenseits der Bilder des Terrors"